Das Riesengebirge in Tschechien und Polen 

 September 2023 

 Dieses bezaubernde Gebirge teilen sich zwei ebenso schöne Länder. Im Riesengebirge geht dem Wanderer das Herz auf. 

Für Roberto war der Besuch im Riesengebirge eine Premiere, für Celia ein erfüllter Wunsch. Vor vielen Jahren war Celia im kalten März zu Besuch in Karpacz und auf der Schneekoppe. Die Wanderung zur Schneekoppe war mehr als abenteuerlich. Es lag so viel überfrorener Schnee auf den Wegen zur Bergspitze, dass sogar die Ketten zum festhalten im Schnee fest steckten. Eine Energie zehrende und weniger genüssliche Wanderung. Dabei ist die Natur um Karpacz atemberaubend schön. Celia hatte sich jahrelang gewünscht noch einmal bei besserem Wetter diesen Weg gehen zu können. Im September 2023 war es soweit.

Start in Thüringen vom Festival Saalepartie aus mit Übernachtung an der Therme Bad Lobenstein

Wir gingen es auf der Tour gemütlich an. Am Wochenende besuchten wir ein kleines Festival in der Nähe von Bad Sulza. Die Saalepartie ist eine wundervolle Musikveranstaltung mit entspannten, tollen Menschen, erlesener Musik und einem traumhaft schönen Gelände. Nach diesem Stonerfestival konnten wir tiefenentspannt unsere Tour beginnen. Für unseren ersten  Übernachtungsplatz wählten wir die Ardesia-Therme in Bad Lobenstein aus. Hier konnten wir ruhig schlafen, unser Wasser auffüllen, die sauberen Sanitäranlagen nutzen und in der Nähe gab es zudem Einkaufsmöglichkeiten. Der Preis für den Stellplatz und für den Service war ebenfalls top. 

Celia Vildgroen Camping Van Saalepartie
Festival Saalepartie Thüringen Stoner Rock Foto Celia Vildgroen

In Bayern liegt der Ort die Hölle.

Wir hatten, wie wir es gerne machen, die ganze Tour nur grob geplant und Zeit für Überraschungsstopps zugelassen. Wir landeten nach der Weiterfahrt von Bad Lobenstein zufällig im Höllental. Kurz hinter der thüringischen Freistaatsgrenze im ersten Zipfel von Bayern erblickten wir ein kleines, restauriertes Fachwerk-Bahnhofshäuschen mit einigen alten Waggons. Da Roberto früher Lokführer war, mussten wir anhalten und uns alles näher betrachten. Zu unserem Erstaunen erfuhren wir in der Ausstellung im Bahnhof, dass von diesem Ort aus herrliche Wanderwege vor uns lagen und wir beschlossen spontan eine Wandertour zu unternehmen. Circa 6 km führten uns durch das schöne Höllental direkt zum Ort Hölle. Wir erblickten zwar einen Holzteufel, ansonsten war die Hölle sehr beschaulich. Viele Vorgärten waren mit Gartenzwergen geschmückt und eine sehr freundliche Frau schenkte uns frische Tomaten aus ihrem Garten. Die Hölle hatten wir uns schlimmer vorgestellt. Wir können diesen Ort und das Höllental für Wanderungen sehr weiterempfehlen. Zudem naschten wir Brennnesselsamen als gute Proteinquelle am Wegesrand. Im August und September sind diese reif und können gesammelt werden. Ein Rezept dazu, findest du in meinem Buch „Die 7 wichtigsten, essbaren Wildkräuter“ hier im Campershop. 

Höllental Bayern Foto Celia Vildgroen
Roberto Wunderlich in Hölle

Die Nacht neben einem Panzer

Einen Ort, den wir auf unserer Tour zum Riesengebirge klar auf unserem Plan stehen hatten, war die deutsch-deutsche Grenze in Mödlareuth. Das ist das kleine Grenzdorf, welches durch die deutsche Geschichte viele Jahre geteilt wurde und auch „Little Berlin“ genannt wird. Die Historik wurde verfilmt unter dem Namen „Tannbach“, so wie der kleine Grenzfluss genannt wird, der durch Mödlareuth fließt und jahrzehntelang von hohen Grenztürmen bewacht wurde. Heute kann eine sehr gute Ausstellung im Dorf zur deutschen Geschichte besucht werden. Es gibt viel historisches Film- und Bildmaterial, riesige Grenzpostenfahrzeuge zu bestaunen und im Aussenbereich, die Original Grenzanlage als mahnendes Relikt anzusehen. Ganz in der Nähe der Anlage konnten wir neben einem russischen, alten Panzer unseren Van parken und völlig unbewacht und friedlich schlafen.

Grenzturm Deutsche Grenze Mödlareuth Tannbach

Nächste Station in Tschechien, um stinkendes, heilendes Wasser zu trinken.

Nun passierten wir endlich das Ausland. Wir fuhren auf Landstraßen nach Tschechien zur Stadt Marienbad. Im Winter hatten wir uns ein Wellnesswochenende im Kurort gegönnt, diesmal besuchten wir diesen Ort ohne Wellnessangebot. Dafür nutzten wir die Gelegenheit einige Heilquellen zu besuchen und unseren Körper mit reichlich Mineralstoffen zu verwöhnen. Jedoch sollte man dabei nicht tief einatmen. Der Schwefelgeruch könnte einem sonst das Trinken erschweren. Es ist lustig die anderen Besucher beim Trinken zu beobachten. Schon dafür lohnt sich der Besuch. Marienbad hat aber auch den pompösen Charme eines fürstlichen Kurortes aus dem 19. Jahrhundert. Viel wurde schon restauriert, an manchen Ecken wird noch gebaut. Einen Cafébesuch in solch königlichen Ambiente haben wir uns gegönnt und am Abend noch ein klassisches Pils in einem Pub getrunken – unser tschechisches Begrüßungsgetränk.

Marienbad Theater Café Foto Celia Vildgroen
Pub Marienbad Tschechien

Bečov nad Teplou mit dem Schloss Petschau ist definitiv ein Geheimtipp

Auf dem Weg in das Riesengebirge mussten wir noch einmal einen Zwischenstopp einlegen. Eine große Burg- und Schlossanlage hatte unseren Blick gefesselt und uns zum Anhalten gezwungen. Wir erblickten mit Erstaunen ein gut erhaltenes Schloss, eine schöne Aussicht und einen wundervollen Ort, indem gerade ein Schmiedesymposium stattfand mit internationalen Meistern der Schmiedekunst. Bei heißen 30 Grad im Schatten standen kräftige Männer mit schweren Hämmern an offen lodernden Feuerstellen und schlugen glühendes Metall in elegante Formen auf einem Amboss zurecht. Unser Schweiß floss schon beim Anblick. Unglaublich was diese Männer leisteten. Nach einer Runde im Ort fanden wir noch das Motorrad- und Spielmuseum von Bečov nad Teplou. Leider liefen wir etwas zu spät daran vorbei, die Museen hatten schon geschlossen. Doch die Bilder im Aushang versprechen eine interessante Sammlung. Diesen Ort solltest du, wenn du in der Nähe bist, unbedingt besuchen.

Bečov nad Teplou Schloss Petschau Tschechien
Bečov nad Teplou Schmiedekunst Schmied

Angekommen im Riesengebirge im Ort Karpacz in Polen 

Endlich waren wir im Riesengebirge angekommen. Zu unserer Freude hatten wir direkt im Ort Karpacz einen Stellplatz auf einem Campingplatz ergattert. Wir fühlten uns sofort sehr wohl. Der Campingplatz war klein mit familiären Charakter. Wir konnten hier in der Outdoorküche kochen, unsere Wäsche aufhängen und unter einem großen Baum genügend Schatten im heißen September finden. Wir beschlossen ein paar Tage mehr in Karpacz zu bleiben. Nachts genossen wir das Treiben im Touristenort. Es war Einiges los, aber weniger als in der Hochsaison. September ist ein guter Monat, um diesen bekannten Ort zu besuchen. Am Tag starteten wir unsere Wandertouren. Die erste Route führte uns zur beliebten Kirche Vang. Eine norwegische Stabkirche, die vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. erworben und nach Karpacz gebracht wurde. Sie steht auf einem der Berge des Ortes und so konnten wir unsere Beine schon mal für die nächste Wanderung vorbereiten.

Stabkirche Karpacz Polen Riesengebirge Foto Celia Vildgroen
Celia Vildgroen Karpacz Polen Riesengebirge

Das höchste Ziel im Riesengebirge ist die bekannte Schneekoppe

Nun war der Tag gekommen, die Schneekoppe zu erklimmen. Wir starteten früh am Morgen. Unser Campingplatz lag am Ende von Karpacz, von dort aus mussten wir drei Kilometer durch den kompletten Ort gute Höhenmeter laufen. Da die nächste Etappe noch länger sowie steiler und Celia diese schon einmal gelaufen war, gönnten wir uns von der Ski Arena aus eine Fahrt mit dem Sessellift. Vergnügt von der Fahrt liefen wir zu Dom Śląski (Schlesierhaus) und mussten feststellen, das wir ganz und gar nicht allein waren. Ganze Jugendgruppen versammelten sich auf dem Platz vor dem Gasthof. Die letzte Etappe hoch zur Schneekoppe ist die steilste und diese liefen wir Schritt für Schritt vorbei an jungen Menschen, die sich aufgeregt unterhielten, an Leuten die Wadenkrämpfe hatten und motivierten Müttern mit Kleinkindern in der Trage auf dem Rücken und einem Rucksack vor der Brust.

Angekommen hatten wir das Gefühl auf einem Jahrmarkt gelandet zu sein. Jede Sitzmöglichkeit war besetzt und es herrschte Trubel auf der Schneekoppe. Dennoch waren wir froh oben zu sein und den Berg erglommen zu haben. Im tschechischen Postamt auf der Schneekoppe holte sich Celia einen Stempel ab und hopste vergnügte auf der Grenze zwischen Polen und Tschechien umher. Denn beide Länder teilen sich den größten Berg des Riesengebirges. 

Erfreut und gut gelaunt stiegen wir dem Berg wieder hinab und nahmen den Rückweg über die Strzecha Akademicka (Hampelbaude). Nach einem kleinen polnischen Imbiss folgte dann der sehr lange Abstieg hinunter nach Karpacz.

Schneekoppe Riesengebirge Polen Foto Celia Vildgroen

Noch eine Entdeckung und ein kleiner Geheimtipp am Rande des Riesengebirges 

Nach dieser Wandertour sagten wir uns gegenseitig, dass wir am nächsten Tag nicht wandern gehen werden und uns ausruhen. Doch wir fuhren vom tollen Campingplatz weiter nach Zamek księcia Henryka (Heinrichsburg). Die Burg hatten wir ebenfalls zufällig entdeckt. Auf einem Parkplatz nicht weit entfernt vom See Zbiornik Sosnówka konnten wir wunderbar autark stehen und dann wollten wir die Burg sehen und liefen doch noch einige Kilometer durch den Wald. Diese kleine Wandertour hatte sich gelohnt. Der Buchenwald mit seinen Steinformationen ist schön, die Burg interessant und der Ausblick grandios. In dieser Nacht schliefen wir glücklich und zufrieden auf einem ruhigen, natürlichen Parkplatz ein.

Heinrichsburg Riesengebirge Polen Foto Celia Vildgroen
Roberto Wunderlich Riesengebirge Polen

Naturgeschenke und noch ein wunderbarer Ort 

Roberto war ganz aus dem Häuschen. Am Morgen nicht weit von unserem Camper entfernt, erblickten wir Riesenschirmlinge. Diese Pilze durften natürlich gleich mitfahren. Celia sammelte noch ein paar Löwenzahnblätter für einen leckeren Salat. Das Rezept dazu findest du in meinem neuen Buch „Die 7 wichtigsten essbaren Wildkräuter“ hier im Campershop.

und dann nahmen wir die Fahrt auf Richtung Szklarska Poręba. Eigentlich hatten wir geplant die Spindlersmühle im Riesengebirge zu besuchen und allen davon erzählt. Nun liesen wir genau diese aus und erkundeten einen für uns ganz neuen Ort. An der Młyn Łukasza (Lukasmühle) kamen wir nicht vorbei. Diese wundervolle Mühle sah so rustikal und schön aus, dass wir einkehrten und das war die richtige Entscheidung gewesen. Wir aßen Kartoffelpuffer mit frischen Pilzen und das leckere polnische Gericht Piroggen mit Kartoffeln- und Krautfüllung. Es waren auf der Reise die besten Teigtaschen, die wir je gegessen hatten. Die Portionen waren riesig und so kugelten wir aus dem Restaurant hinaus und liefen zur Verdauung noch einmal ein großes Stück durch den Ort mit seinen vielen schönen Fachwerkhäusern, Sehenswürdigkeiten und Läden. Unser Nachtlager schlugen wir am restaurierten Bahnhof auf und da der letzte Zug schon 21 Uhr fuhr, verbrachten wir auch in Szklarska Poręba Górna eine ruhige Nacht.

Szklarska Poręba Polen Riesengebirge
Szklarska Poręba Lukasmühle Riesengebirge Polen Foto Celia Vildgroen

Trauriges Ende eines Weltmeisterschaftsortes, die WM ist vorbei 

Als Roberto klein war, hat er gerne zusammen mit seinem Opa Skispringen im Fernsehen angesehen und so manche Sprungschanze besucht. Daher war es ihm ein Anliegen den Ort der Skisprung Weltmeisterschaften Harrachov in Tschechien zu besuchen. Als unsere letzte Station der Reise durch das Riesengebirge wählten wir deshalb Harrachsdorf aus. Erstes Ziel natürlich die großen Sprungschanzen, dabei die legendäre 100m Skiflugschanze, die 1980 eingeweiht wurde und den Schanzenbau aller folgenden Schanzen stark beeinflusste. Noch mehr zur Geschichte vom Skispringen in Harrachov erfährst du hier: Skisprunggeschichte Harrachov

Es bot sich uns jedoch ein trauriger Anblick an. Die Sprungschanzen waren teils zerstört, die Aufstiegstreppen marode, das Geländer verrostet. Eine riesige Anlage im Verfall. Nachdem wir alle Treppen dennoch hochgestiegen und uns Harrachov von oben angesehen haben, verliesen wir etwas traurig diese legendäre Sportstätte Richtung Teufelsberg. Wir wanderten ohne nach Schildern zu suchen einen schmalen Waldweg entlang, der uns zu einem Blaubeerfeld führte. Unsere Stimmung erhellte sich und wir naschten Blaubeeren so viele wie wir konnten. Danach folgten wir den Pfad weiter und mussten feststellen, dass es kein wirklicher Wanderweg war und sich der Pfad im Wald verlierte. An einem Skilift trauten wir uns den Abstieg zu und rutschten teils abenteuerlich den Berg hinunter. Zur Belohnung entdeckte Celia zum ersten Mal wilden Enzian und am Fuße des Berges fanden wir unzählige Steinpilze und Maronen. Wir strahlten vor Glück und unser Abendessen war gesichert mit einer großen Pilzpfanne. 

Der letzte Ausflug in Harrachov führte uns zum Mummelwasserfall. Der Mumlava ist kein Geheimtipp, der Weg ist einfach zu finden und viele Touristen sind auf der Wanderstrecke durch den Wald unterwegs. Trotzdem lohnt es sich die Wasserfälle zu besuchen, denn sie sind wirklich schön anzusehen und bei hohen Temperaturen eine angenehme Abkühlung. Auf dem Rückweg naschten wir noch ein paar Samen vom Drüsigen Springkraut und dann wurde es Zeit zurück nach Hause zu fahren.

Harrachov WM Skisprung Schanze Foto Celia Vildgroen
Harrachov Riesengebirge Tschechien Mummelfall

Short Video zum Zustand der WM Skisprung Schanze in Harrachov 09/2023

Tipps für einen Besuch im Riesengebirge

Die Wandertouren im Riesengebirge können sehr anspruchsvoll sein. Es gibt einige Berge mit weit über 1000 Metern und die Strecken sind oft steil. Gerade im Sommer denke an genügend Trinkreserven und schätze deine Kondition realistisch ein. Gute Wanderschuhe, eventuell auch Wanderstöcke sollten selbstverständlich zu deiner Ausrüstung gehören. 

Möchtest du dich ausschließlich vegan ernähren, dann sorge dafür, dass du deine Verpflegung selbst zubereiten und mitnehmen kannst. Das vegane Speiseangebot im Riesengebirge ist minimal bis nicht erhältlich.

In Karpacz sind Campingplätze zwar vorhanden, aber schnell belegt. Wir hatten Glück, aber du solltest nicht zu spät in der Hauptsaison anreisen, um einen Platz zu erhalten. Autark in Karpacz zu übernachten wird kaum möglich sein. An vielen Stellen müssen nicht wenige Parkgebühren entrichtet werden und die schmalen Straßen bieten nicht viel Platz. In Harrachov und Szklarska Poręba gibt es Möglichkeiten auch autark mit dem Van im Ort stehen zu können.

Wir haben uns in Polen und Tschechien sehr wohl gefühlt. Auf Englisch konnten wir uns vor allem mit den jüngeren Einwohnern gut verständigen, mit älteren Menschen sogar teilweise in deutsch. Ansonsten haben Hände und Gesten oft weitergeholfen. Bei manchen Preisen war es nützlich noch einmal nachzufragen und zu verhandeln. In Polen gibt es je nach Verhandlungsgeschick auf dem Markt und beim Campingplatz unterschiedliche Preise.

Mit einem Lächeln und freundlichen Auftreten ist man in Polen und Tschechien ein gern gesehener Gast und trifft viele nette Menschen, die liebend weiterhelfen.

 

Serdeczne pozdrowienie / Srdečnê pozdravuje von Roberto & Celia